
1. Preis
Landschaftsarchitektur
bbzl böhm benfer zahiri, landschaften städtebau, Berlin
Mitarbeiter*innen
Camille Régimbart, Jennifer Münner, Thomas Reimann, Amadeus Theimer, Maria Portugal, Zhiyuan Peng, Milan von Moeller, Anton Fischer
Verkehrsplanung
ISAPLAN Ingenieur GmbH, Leverkusen
Mitarbeiter*innen
B. Eng. Svenja Gestl
bbzl + ISAPLAN |
Leitidee des Verfassers
„Im Kasseler Stadtgefüge verbindet der Brüder-Grimm-Platz die Innenstadt mit den Stadtteilen Wehlheiden und Vorderer Westen. Stadträumlich bildet er das Gelenk zwischen Innenstadt-Achse und der Achse zum Bergpark Wilhelmshöhe. Die Platzfläche weist ein starkes Gefälle auf und wird durch Verkehrsverbindungen dreigeteilt. Angesicht dieser Vielzahl an Anforderungen werden nur zurückhaltende entwurfliche Setzungen vorgeschlagen. Dazu gehören
- ein Betonen der historischen Fünfeck-Form,
- die Gliederung der Platzfläche in einen äußeren, steinernen Ring und eine innere, grüne Platzfläche
- sowie ein Akzentuieren der Eingangsbereiche zu den Museumsbauten und den Torbauten.
Über die bestehenden Verkehrszäsuren hinweg soll ein zusammenhängender Platzraum entstehen. Betont wird damit seine Gelenk- und Orientierungsfunktion sowie die stadträumliche Wirkung der umgebenden Bauten. Als Begegnungs- und Aufenthaltsfläche soll er möglichst unterschiedliche Nutzungsformen erlauben.“
Beurteilung des Preisgerichts
Der Entwurf verfolgt sehr konsequent und überzeugend die Fünfeckform der städtebaulichen Raumkanten der den Platz begrenzenden Gebäude. Unter Berücksichtigung aller wichtigen Wege- und Verkehrsverbindungen entsteht als zentraler Freiraum eine großzügige, fünfeckige und bespielbare Wiesenfläche, die sämtliche wichtigen Sichtbeziehungen respektiert und ermöglicht. Die Platzgestaltung nimmt sich bewusst zurück und überlässt den hochbaulichen Akteuren mit Landesmuseum, neuem Tapetenmuseum, ehemaliger Tapetenfabrik und Torwachen den visuellen und räumlichen Vorrang. Deren großzügige Vorbereiche sind wohl proportioniert und entsprechen dem repräsentativen Anspruch an die Zugänge. Die breiten, neu gestalteten Bereiche vor den Torhäusern und dem Landesmuseum bilden gleichzeitig zusammen einen angemessen ‚Antritt‘ zur Wilhelmshöher Allee. Die Wiesenflächen der Platzfläche dagegen liegen außermittig, und rücken im Bereich der Friedrichstraße enger an die Baufluchten und das barocke Raster der Innenstadtbebauung.
Die genannte Zurückhaltung der Arbeit wird gleichwohl vom Preisgericht kontrovers diskutiert, da dem Entwurf die gewünschte Prägnanz und Strahlkraft einer starken Geste fehlt. Gleichwohl beinhaltet die Arbeit Detaillösungen, die erst bei einem zweiten Blick erkennbare Qualitäten sichtbar werden lassen. So sind die Übergänge von befestigten zu Grünflächen mit Stufen und Rasenfugen fließend gestaltet. Nebeldüsen verleihen dem Platz eine besondere Atmosphäre und ein Großteil der vorhandenen Bäume wird in die Neuplanung integriert. Die Auseinandersetzung mit der bestehenden Topographie ist insbesondere im Übergang zur Friedrichstraße noch nicht überzeugend gelöst. Besondere Beachtung findet dagegen die vorgeschlagene Konzeption im Übergang zur Murhardschen Bibliothek und der Grimmwelt: Ein neu gestalteter Freiraum, mit Stellplätzen unter einem Baumdach, ein Lesegarten und ein entréeartig gestalteter Platz definieren nicht nur einen Randbereich, sondern schaffen einen sehr gelungenen Übergang zur Weinbergstraße, Schöne Aussicht und Aue, und damit in die Museumslandschaft.
Das angebotene Verkehrskonzept ist weitestgehend aus dem Bestand übernommen und bietet keine erkennbaren Verbesserungen. Dass die Weinbergstraße in ihrer Bedeutung zurückgenommen ist, wird positiv bewertet. Das Beleuchtungskonzept unterstreicht den konzeptionellen Ansatz und die Raumkanten.
In der Folge der wichtigen Kasseler Plätze und als gestärktes stadträumliches Gelenk auch im Süden zur Museumslandschaft liefert der neue Brüder Grimmplatz einen wertvollen Beitrag für innerstädtische Aufenthaltsqualität.